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Herkunft: Rhonetal, Frankreich.
Material: Marmor.
Abmessungen: Höhe 30 cm
Epoche: 12. Jahrhundert.
Zustand: Leichte Erosion.
Preis: Auf Anfrage
Ref.276
Dreiseitig gearbeiteter Anbaukapitell aus feinem Marmor, verziert mit zwei hybriden Büsten geflügelter Sirenen mit schlangenförmigen Schwänzen; romanische Arbeit aus dem Rhonetal, wahrscheinlich im Übergangsraum zwischen Velay und Rhône, zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Die Hauptseite wird von einem zoomorphen Maskaron mit kurzer Schnauze und aufgerichteten Ohren dominiert, flankiert von zwei geflügelten Sirenen, deren schuppenbesetzte Leiber sich über die Nebenseiten winden. Zwischen Maskaron und Astragal treten stilisierte Akanthusblätter hervor. Die Köpfe der Sirenen sitzen prägnant in den Kapitellecken und verleihen dem Stück eine markante dreidimensionale Präsenz. Die zylindrischen Hälse tragen ein fein gebohrtes Perlenstirnband. Der hybride Körper – weder klassische Vogel- noch reine Fischsirene – evoziert ein Wesen zwischen Luft, Erde und Wasser und verweist auf die mittelalterliche Symbolik des Verführenden und Dämonischen.
Die Komposition organisiert sich um stark akzentuierte Eckfiguren: Die Büsten scheinen direkt aus den Kapitellecken hervorzutreten, die Hälse lösen sich deutlich aus dem Block. Diese plastische Nutzung des Winkels – als Ort der Erscheinung fast vollrunder Figuren – ist charakteristisch für die romanische Skulptur des Rhonetals und des Velay (vgl. Musée de Cluny, Kapitell Cl. 14413). Dort wie hier „bewohnen“ Köpfe und Hybriden die Ecke und prägen die räumliche Wirkung. Das Zusammenspiel aus Eckfiguren, zentralem Maskaron (vgl. Musée Crozatier, Inv. 2020.1.1) und umlaufenden Körpern findet zahlreiche Parallelen in Rhônekirchen und im Kreuzgang von Saint-André-le-Bas in Vienne, im Gegensatz zur Provence, wo stärker antikisierende Akanthusbündel überwiegen.
Literatur:
·J. Vallery-Radot, „La résurrection du cloître de Saint-André-le-Bas à Vienne“, Bulletin Monumental, 1942.
·Saint-André-le-Bas, Archéodunum-Diagnosebericht, 2011.
·Bernard Craplet, *Auvergne romane*, Paris 1972.
·Jacqueline Leclercq-Marx, *La Sirène…*, Brüssel 1997.